Osteopathie in Wiesbaden

Osteopathie (Alternativmedizin)

Die Bezeichnungen Osteopathie (von altgriechisch ὀστέον ostéon, deutsch ‚Knochen‘ und πάθος páthos, deutsch ‚Leiden‘), osteopathische Medizin und osteopathische Behandlung beschreiben im Bereich der Alternativmedizin verschiedene Krankheits- und Behandlungskonzepte.

In Europa werden darunter unterschiedliche befunderhebende und therapeutische Verfahren verstanden, die manuell, also mit den bloßen Händen des Behandlers, ausgeführt werden. Die Bezeichnungen „Manuelle Medizin“, „Manualtherapie“, „Chirotherapie“ und „Chiropraktik“ werden teils synonym gebraucht. Wirkungsnachweise gibt es nur für wenige der Indikationen, die der Osteopathie zugeschrieben werden.

Im angloamerikanischen Sprachraum, speziell in den USA, steht der Begriff osteopathy für ein Diagnose- und Therapiekonzept, das auf den US-amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still zurückgeht. Still prägte 1885 auch den Begriff osteopathy. Stills Konzept beruht zumindest teilweise auf Annahmen, die im Widerspruch zu modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Die in den USA existierende Ausbildung zum Doctor of Osteopathic Medicine, D. O. ‚Osteopathischer Arzt‘, orientiert sich allerdings an der wissenschaftlichen Medizin.

Seit dem 1. Januar 2012 übernehmen in Deutschland einige der gesetzlichen Krankenkassen für Pflichtversicherte einen Teil der Behandlungskosten. Voraussetzung hierfür ist eine formlose ärztliche Bescheinigung der Notwendigkeit und eine anerkannte berufliche Qualifikation des Behandlers. Die meisten privaten Krankenversicherungen übernehmen die Kosten osteopathischer Leistungen. Der Grund für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen liegt jedoch nicht, wie bei evidenzbasierten Behandlungsmethoden, in einem Nachweis der Wirkung der Osteopathie – gerade bei der Behandlung von Säuglingen oder Kindern –, sondern ist als Marketing der Kassen zu betrachten.


Grundlagen nach Andrew Taylor Still und Theorie

Die auf den US-amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still zurückgehenden grundlegenden konzeptionellen Annahmen in der Osteopathie entsprechen einem historisch begründeten, philosophischen Gedankengebäude. Die naturwissenschaftliche Ausrichtung ist entsprechend dem Wissenschaftsverständnis seiner Zeit stark mechanistisch geprägt, wobei er versucht, zur Entstehungszeit seines Ansatzes (ca. 1860–1875) damals noch unbekannte physiologische und immunologische Zusammenhänge mit seiner mechanistischen Sprache auszudrücken. Da Stills Sprache einen stark narrativen und philosophischen Charakter hat, ist die ärztliche und naturwissenschaftliche Beurteilung aus heutiger Sicht nur bei guter Kenntnis der soziokulturellen Bedingungen des 19. Jahrhunderts, insbesondere des amerikanischen Grenzlandes, sowie unter primärer Berücksichtigung der von ihm kernhaft aufgeführten philosophischen Aspekte möglich. Eine umfassende Quellenstudie in diesem Kontext steht noch aus, weshalb Aussagen über Stills Ansatz grundsätzlich kritisch zu betrachten sind.

Zu Stills grundlegenden Annahmen gehören, dass der Körper als Funktionseinheit betrachtet werde und aufgrund einer dem Menschen übergeordneten Intelligenz, die sich im Leben ausdrückt, grundsätzlich zur Selbstregulierung fähig sei, dass sämtliche Körperfunktionen von der Ent- und Versorgung durch das Nerven- und Gefäßsystem abhängen und dass eine Heilung nur durch die Förderung der Selbstheilungskräfte des Körpers möglich sei. Auf abstrakter Ebene sind manche seiner Postulate durchaus kompatibel mit heutigem naturwissenschaftlichem Denken. So ist es auch möglich, Stills ursprüngliche Annahmen im Sinne allgemeiner Grundprinzipien und nicht als eigenständiges Gedankengebäude (wie beispielsweise die anthroposophische oder die traditionelle chinesische Medizin) zu interpretieren.

Still hat in seinen Publikationen die Grundlagen der „osteopathischen Theorie“, von ihm auch als Philosophie bezeichnet, formuliert. Er geht davon aus, dass der Körper eine Funktionseinheit bildet. Störungen in einem Bereich wirken sich auch auf andere Bereiche aus; durch die Behandlung des Knochengerüstes und des Bewegungsapparates sollen sich daher Störungen des Organismus beheben lassen. Stills vier wesentliche Grundannahmen sind:

  • Die Rolle der Arterie ist essentiell.
  • Der Körper ist eine Funktionseinheit.
  • Die Funktion bestimmt die Körperstruktur und umgekehrt.
  • Der Körper besitzt die Fähigkeit zur Selbstregulation.

Nach Still hängen alle Körperfunktionen von der Ver- und Entsorgung durch das Gefäß- und Nervensystem ab. Arterienverkalkung, blockierte Gelenke oder verspannte Muskeln können die Versorgung des Körpers durch den Blutkreislauf und das Lymphsystem behindern und führen zu Symptomen. Bei Störungen der Versorgung wird der Körper laut Still versuchen, dies zu kompensieren. Der Osteopath kann nach seiner Theorie mit den Händen die Grundspannung von Muskeln, Knochen und Gelenken feststellen und so gestörte Funktionen erkennen. Nach Auffassung Stills heilt sich der Körper bei Störungen grundsätzlich selbst, und es ist nicht möglich, ihn von außen zu heilen. Die Osteopathie soll die Selbstheilungskräfte aktivieren und fördern.

Allgemein gehen Osteopathen grundlegend davon aus, dass eine perfekte Ausrichtung des muskuloskelettalen Systems Hindernisse in Blut- und Lymphgefäßen eliminiert und so zu einem optimalen Gesundheitszustand führt. Zum Erreichen der idealen Ausrichtung wurde eine Reihe manipulativer Techniken entwickelt.

Abhängig von den betrachteten anatomischen Strukturen und den postulierten Funktionsmechanismen kann die Osteopathie in drei Bereiche eingeteilt werden:

Struktur Bereich
Bindegewebe, Muskulatur und Gelenke parietale Osteopathie
innere Organe und deren bindegewebige Aufhängung viszerale Osteopathie
inhärente „Rhythmen“ des Organismus cranio-sacrale Osteopathie (auch innerhalb der Osteopathie stark umstritten)

Befunderhebung und Therapie erfolgen in der Regel palpatorisch und orientieren sich ebenfalls an den anatomisch existenten oder von der Osteopathie postulierten Körperfunktionen und -strukturen. Die osteopathische Befunderhebung ist nicht gleichzusetzen mit einer (ärztlichen) Differenzialdiagnose.

„Entscheidende Voraussetzung, um insbesondere Komplikationen durch befunderhebende und therapeutische Maßnahmen einer vorgeschädigten Struktur zu vermeiden, ist eine umfassende ärztliche Untersuchung und Differenzialdiagnose. Im Rahmen einer solchen Untersuchung gilt es insbesondere, krankheitsbedingte Strukturschädigungen auszuschließen, welche im Rahmen der in der ‚Osteopathie‘ üblichen befunderhebenden und therapeutischen Maßnahmen Komplikationen verursachen können. Deshalb ist es wiederum anzustreben, dass Ärzte, die osteopathische Behandlungen verordnen, Grundkenntnisse des struktur- und funktionsorientierten Vorgehens der ‚Osteopathie‘ haben und bei der Verordnung von ausgewählten osteopathischen befunderhebenden und therapeutischen Leistungen nicht nur Krankheitsdiagnosen, sondern insbesondere auch relevante Informationen zu geschädigten Strukturen kommunizieren.“

Die parietale Osteopathie geht in ihren Grundzügen auf Andrew Taylor Still (1828–1917), die viszerale auf H. V. Hoover oder M. D. Young in den 1940er-Jahren, die Cranio-Sacral-Therapie auf William Garner Sutherland (1873–1954, Schüler von Andrew Taylor Still) und John E. Upledger zurück.

Bei der Cranio-Sacral-Therapie, die sich ihrerseits in mehrere Richtungen unterteilt, finden Handgrifftechniken (meist an Schädel und Kreuzbein) Verwendung, mit deren Hilfe eigenständige inhärente Rhythmen des menschlichen Organismus (primärer respiratorischer Mechanismus – PRM) harmonisiert werden sollen. In den 1970er Jahren wurde das ursprüngliche Konzept von Upledger um die Theorie der sogenannten „Energie-Zysten“ erweitert und mit einer alternativen Psychotherapie kombiniert.


Behandlung

Der Osteopath ertastet Verspannungen und Bewegungseinschränkungen und versucht, Muskeln und Gelenke zu mobilisieren. Dazu verwendet er unter Berücksichtigung der osteopathischen Prinzipien u. a. folgende Techniken:

  • General Osteopathic Treatment (GOT)
  • Strain/Counterstrain – positional release
  • Muskel-Energie-Techniken (MET) (siehe zum Prinzip einiger MET auch: Postisometrische Relaxation)
  • Faszien-Release-Techniken
  • HVLA-Techniken („high velocity, low amplitude“, also kleine schnelle Bewegungen; Syn: Thrust, Impulstechnik, Manipulation)
  • Viszerale Techniken (zur Behandlung u. a. von Gleitbewegungen innerer Organe).
  • Osteopathie im Kopfbereich (Cranio-Sacral-Therapie). Diese Methode geht auf Stills Schüler W. G. Sutherland zurück, der das Konzept in den 1930er und 1940er Jahren entwickelte. Die Ausbildungsrichtlinien hierin und die offiziellen Arbeitshypothesen hierzu werden innerhalb der American Osteopathic Association (AOA) durch die Sutherland Cranial Teaching Foundation (SCTF) definiert.

Begriffsabgrenzung/Definition

Die Osteopathie im deutschsprachigen Raum orientiert sich bezüglich des Einsatzes entsprechender Verfahren an den Ergebnissen der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung in den Bereichen Anatomie und Neurophysiologie, die Osteopathie im US-amerikanischen Sinne am „[…] besonderen Menschenbild der „Osteopathie“ US-amerikanischer Prägung […]“. Die Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin (DGMM) unterscheidet in ihrem Positionspapier ebenfalls zwischen wirksamen osteopathischen Techniken, deren Grundlage neurophysiologisch nachvollziehbare Denkmodelle sind (z. B. manuelle Medizin) und solchen, deren Erklärungsansätze im Widerspruch zur modernen naturwissenschaftlichen Forschung stehen.

Im deutschsprachigen Raum werden heutzutage unter dem Begriff Osteopathie verschiedene Formen von Diagnose und Therapie reversibler Funktionsstörungen des aktiven und passiven Bewegungsapparates verwendet. Dazu gehören Manuelle Medizin, Chirotherapie, Chiropraktik, Manualtherapie, osteopathische Medizin und Manipulationstherapie. Außerhalb der USA stellt die Osteopathie keine eigenständige Behandlungsmethode dar. Als Verfahren beziehungsweise Methode ist sie jedoch in zahlreichen Ländern ohne das historische Konzept verbreitet.

Im angloamerikanischen Sprachraum finden sich die Begriffe osteopathic medicine, chiropractic und osteopathy als mögliche Übersetzungen.

Häufig werden in der Literatur auch weitere Begriffe unter dem Hyperonym „Osteopathie“ subsumiert. Dazu gehört beispielsweise die in den 1930er Jahren entstandene Cranio-Sacral-Therapie, deren Grundlagen im Gegensatz zu den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft stehen, und deren Einsatz als „besondere Art der Körpermassage“ bei spezifischen pädiatrischen Krankheitsbildern wie „Lern- und Entwicklungsstörungen“ von der Gesellschaft für Neuropädiatrie abgelehnt wird.

International ist die Begriffsabgrenzung schwierig, da in verschiedenen Ländern unterschiedliche Berufsgruppen unterschiedliche Behandlungsformen als Osteopathie bezeichnen und darüber hinaus auch die Lehre uneinheitlich ist; es werden verschiedenste Zertifikate und Diplome in diesem Bereich verliehen. Weltweit betrachtet wenden (Fach-)Ärzte (im europäischen Sinne), Doctors of Osteopathy (D. O., USA), nichtärztliche Osteopathen (vergleichbar mit dem deutschen Heilpraktiker – z. B. England), Heilpraktiker, Physiotherapeuten, Masseure, Diplomsportlehrer und andere nichtmedizinische Berufsgruppen Osteopathie an.

In Europa und Nordamerika werden verschiedene Definitionen von Osteopathie verwendet. In Nordamerika wird die Osteopathie als eigenständiges Behandlungskonzept gesehen, welches auch auf eigenständigen, im Widerspruch zu modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen stehenden Theorien basiert. Trotz dieser Unterschiede sind die wichtigsten manuellen Techniken identisch, werden jedoch nach unterschiedlichen Prämissen angewendet.

Die Darstellung in deutschsprachigen Standardwerken ist nicht ganz einheitlich. So beschreibt ein Lexikon (Springer Lexikon Medizin), dass bei der Osteopathie Subluxationen, die Einklemmung von Wurzelfasern bewirken sollen, Gegenstand der Behandlung seien. Diese Subluxationen würden dabei in der Osteopathie ihrerseits für „fassbare Symptome“ wie Schmerz und Fehlhaltung, aber auch für andere Erscheinungen wie Menstruationsstörungen oder Magen-Darm-Erkrankungen verantwortlich gemacht. Insbesondere letzteres würde in der Fachliteratur vielfach kritisiert, zumal bei einer Manipulationsbehandlung der Wirbelsäule erhebliche unerwünschte Auswirkungen (z. B. Querschnittslähmung) nicht definitiv ausgeschlossen werden könnten. Ein anderes (Roche Lexikon Medizin) beschreibt darüber hinaus, dass Diagnostik und Therapie der funktionellen Bewegungsstörungen („Schlüsselbegriff Blockierung“) zum Zwecke der Linderung von Schmerzen, Mobilisierung und Entspannung der Muskulatur durch Handgrifftechniken erfolge. Zudem unterscheidet es zwischen „Weichteiltechniken“, sogenannten „osteopathischen Techniken“, aktiven und passiven Mobilisationstechniken (Mobilisationstherapie), sowie Manipulationstechniken (chirotherapeutische Technik). Auch konkrete Kontraindikationen wie destruktive Krankheitsprozesse werden dort genannt. Daneben werden im „Lexikon der Parawissenschaften“ Osteopathie und Chiropraktik als nicht-ärztliche Form der Behandlung dargestellt, die zur ärztlichen Behandlungsmethode Chirotherapie (Syn. Manuelle Medizin) weiterentwickelt worden sei.


Studienlage und Kritik

Der Nachweis der Effektivität der Behandlung in den einzelnen Teilbereichen ist sehr unterschiedlich. Aussagekräftige Studien (auf konkrete Indikationen bezogen und mit moderaten Evidenzgrad) existieren für die parietale Osteopathie (das Bewegungssystem betreffend) in ausreichender Zahl, sind für die viszerale (das Eingeweide betreffende) Osteopathie spärlich und im Teilbereich der cranio-sacralen (schädel-kreuzbeinbetreffenden) Osteopathie nicht bekannt.


Parietale Osteopathie

Dafür, dass die parietale Osteopathie bei Rückenschmerzen hilfreich sein kann, gibt es einige Hinweise, besonders in akuten und subakuten Stadien. Eine Meta-Analyse von 2014 verglich die Osteopathie der US-amerikanischen Schule mit diversen Behandlungen (inklusive auch ohne Behandlung oder mit scheinbarer Behandlung) bei Patienten mit akuten oder chronischen unspezifischen Rückenschmerzen. Sie kam zu dem Schluss, dass osteopathische Behandlungen nicht nur den Schmerz effektiv verringern, sondern auch die Fähigkeiten des Ausübens täglicher Arbeit verbessern kann. Dies konnte auch bei Rückenschmerzen schwangerer Frauen und bei Frauen nach der Entbindung nachgewiesen werden. Jedoch ging diese Wirkung nicht über 3 Monate hinaus. Darüber hinaus räumten die Autoren ein, dass es Probleme mit der Verblindung gab, was die Ergebnisse verzerren kann. Außerdem war die Anzahl der untersuchten Patienten gering. Schließlich fehlen große, qualitativ hochwertige randomisierte Studien. Über Nebenwirkungen der osteopathischen Behandlung wurde nicht berichtet.

Der IGeL-Monitor des MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen) hat 2018 die Studienlage zu „Osteopathie bei unspezifischen Kreuzschmerzen“ analysiert und mit „unklar“ bewertet. Die Wissenschaftler fanden keine Hinweise auf Schäden, aber auch keine auf einen Nutzen. Die Studien zeigten trotz einzelner positiver Ergebnisse nicht, dass die Osteopathie hilfreicher sei als die von den Kassen bezahlten Behandlungen.

Die Evidenz aus klinischen Studien für andere Indikationen ist nur spärlich vorhanden und nicht zwingend. Review-Artikeln zufolge ergaben sich nur wenige Evidenzen auf den Nutzen osteopathischer Therapieformen sowohl bei Kopf- und Rückenschmerz als auch bei Asthma.


Viszerale Osteopathie

Es bestehen Anhaltspunkte, dass auch bei Erkrankungen infolge nicht primär irreversibler Strukturveränderungen wie beispielsweise Dreimonatskoliken und rezidivierender Otitis media mittels viszeraler Osteopathie Behandlungserfolge erzielt werden können. Ein neuerer von 2018 stammender Review kommt dagegen zu dem Schluss, dass es keine Evidenz auf den Nutzen oder die Zuverlässigkeit der viszeralen Osteopathie gibt. Die viszeraler Osteopathie (sowie auch die cranio-sacrale) gilt in den USA als umstritten und wird dort kaum gelehrt.


Cranio-sacrale Osteopathie

Osteopathische Behandlungsmethoden sind nicht risikofrei. Insbesondere vorgeschädigte Körperstrukturen können dabei weiter geschädigt werden. Zur möglichst vollständigen Vermeidung von Komplikationen sind daher eine vorausgehende und umfassende ärztliche Untersuchung und Differenzialdiagnose notwendig.

Die Osteopathie wird insbesondere auch aufgrund des in den USA verbreiteten historischen Konzeptes von medizinischer und wissenschaftlicher Seite kritisiert. Beispielsweise gibt es für die angenommene Anregung der Selbstheilungskräfte durch eine Stimulation des Bindegewebes bislang keinen wissenschaftlichen Nachweis.

Der ehemalige Präsident und heutige Ehrenpräsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Wolfram Hartmann, kritisiert insbesondere die Osteopathie bei Kindern und Säuglingen. Gerade die sog. „Baby-Osteopathie“ werde von den Krankenkassen als Lockmittel genutzt, obwohl weder Wirksamkeitsnachweise hierfür existieren, noch mögliche Gefahren für die Säuglinge in Rechnung getragen werden.


Geschichte und Entwicklung

Seit Anfang des 17. Jahrhunderts entwickelte sich in Europa die Kunst des Bone-Setting (Einrichten von Knochen und Gelenken). Seit dieser Zeit war sie Gegenstand wissenschaftlicher Forschung und wurde meist als Bestandteil der Chirurgie betrachtet. Zum damaligen Zeitpunkt waren die heutzutage üblichen bildgebenden Verfahren noch nicht entwickelt, sodass sich die Ärzte allein auf die klinischen Befunde verlassen mussten. Dabei entwickelten sich die klinischen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und das Wissen über die funktionelle Anatomie insbesondere in Bezug auf Knochen, Bänder und Muskulatur. Ein zentrales Thema der „Bone-Setter“ waren tastbare Gelenkfehlstellungen, die sie ursächlich als muskulär ausgelöst betrachteten und auch entsprechend behandelten. „Bone-Setter“ behandelten nicht nur tatsächliche Luxationen oder Knochenbrüche, sondern verstanden sich historisch betrachtet auch als bessere Alternative zur zeitgenössischen Schulmedizin: “The simple and efficient means of setting bones, by relaxing muscles, according to the reformed practise, forms a striking contrast to the barbarous tortures of the regular faculty, with all their horrid implements – saws, pulleys, ropes, &c., &c.” (Zitat von[39] – 1852). Wharton P. Hood beschrieb 1871 typische Handgrifftechniken bei Schmerzen der Wirbelsäule oder von Gelenken, sowie deren Indikationen, Kontraindikationen und Risiken, die zum Teil noch in der heutigen Osteopathie Gültigkeit haben.


Osteopathie

Die Osteopathie geht zurück auf den US-Amerikaner Andrew Taylor Still (1828–1917). Man nimmt an, dass er die Methode des Bone-settings kannte und möglicherweise auch beherrschte. Gleichzeitig gilt er auch als interessiert an anderen wissenschaftlichen Strömungen seiner Zeit, wie der Darwinschen Evolutionstheorie und der Theorie von John M. Neil über die Selbstheilungskräfte des Körpers.

Still präsentierte am 22. Juni 1874 die Osteopathie als „neue Wissenschaft“ der Allgemeinheit. Einen Bezug auf bereits bestehendes Wissen vermied er bewusst, als Referenz bezog er sich auf Gott und seine eigene Erfahrung. Man vermutet, dass er es bewusst vermied, europäische Quellen zu benennen, um die „intellektuelle Unabhängigkeit“ der Vereinigten Staaten (vom damals noch aristokratisch dominierten Europa) zu betonen.

Der aus Schottland stammende Mediziner John Martin Littlejohn (1867–1947) übertrug Andrew Taylor Stills vorwiegend anatomisch begründetes Konzept auf die Physiologie und förderte die wissenschaftliche Anerkennung der Osteopathie. Nach seiner Rückkehr nach Europa gründete er 1917 die „British School of Osteopathy“ (BSO) in London.

William Garner Sutherland (1873–1954), ein Student Stills, erweiterte das osteopathische Konzept auch auf den Bereich des Schädels und begründete damit die craniale bzw. craniosacrale Osteopathie, die später vor allem von dem amerikanischen Osteopathen John Upledger aus der Osteopathie ausgekoppelt und als eigenständige Cranio-Sacral-Therapie weiterentwickelt wurde.

D. D. Palmer (1845–1913) kam auf Empfehlung eines Studenten der ASO 1893 zu Besuch nach Kirksville, war zwei Wochen lang Gast in Stills Haus und machte sich mit den neuartigen manuellen Techniken der Osteopathie vertraut. Ein befreundeter Arzt, der ebenfalls an der ASO studiert hatte, vertiefte Palmers manuelles Repertoire. 1898 benannte er seine 1887 gegründete Ausbildungsstätte „Palmer Cure & Infirmary“ in „Palmer School and Infirmary of Chiropractic“ um. Dort lehrte er die osteopathischen Griffe z. T. in modifizierter Form, allerdings ohne Vermittlung des ganzheitlichen Konzepts. Er reduzierte die Osteopathie demnach in seiner sogenannten Chiropraktik auf ein rein symptomorientiertes Behandlungssystem.

Heute ist Osteopathie in den USA eine Arztausbildung an Colleges mit dem Abschluss D. O. (Doctor of Osteopathic Medicine). Amerikanische Absolventen der Osteopathic Medicine haben alle Rechte eines ordentlichen Arztes. Aufgrund geschichtlicher Entwicklungen arbeiten aber nur noch etwa drei bis fünf Prozent überwiegend mit manuellen Techniken am Patienten, und der ganzheitliche Ansatz ist in der Ausbildung nur noch in Ansätzen zu erkennen.


Entwicklung der Osteopathie

Osteopathie verbreitete sich nach den USA zunächst in Großbritannien. Die Osteopathie in England wurde nach Littlejohn durch den Arzt und Osteopathen Alan Stoddard geprägt, der das anspruchsvolle und aufgrund der ganzheitlichen Aspekte schwer zu integrierende System ähnlich wie Palmer modifizierte. Nach diesem Schritt erhöhte sich die Verbreitung der Osteopathie in England erheblich. Die US-amerikanische Bezeichnung D. O. gab es zunächst auch dort; heute werden nur noch Bachelor (B. Sc.)-Zertifikate verliehen.

Nach Deutschland gelangte der Begriff Osteopathie möglicherweise durch den am 22. Dezember 1869 in Kraschen, Landkreis Guhrau in der Provinz Schlesien geborenen, vorübergehend in den USA lebenden Pastor Gustav A. Zimmer, der nach Rückkehr im Jahre 1927 in Dresden eine Ausbildungsstätte für Chiropraktik („chiropractic college“) betrieb, die vor allem von Heilpraktikern besucht wurde[44] Zimmer beendete seine berufliche Tätigkeit im Jahre 1938 und starb am 17. Dezember 1939. Drei der von Zimmer veröffentlichten Bücher standen auf der „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ und wurden von den Nationalsozialisten verboten. Im Jahre 1927 erschien als Band 2 der Bibliothek der neuen Heilmethoden das Buch Osteopathische Massage – Leichtfassliche und praktische Anleitung für jedermann, nebst Anleitung zur diätetischen und milden Wasserbehandlung. Nach Dr. Charles E. Murray’s 4. amerik. Ausgabe frei bearbeitet von Dr. Medicus Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Legalisierung einer bereinigten Fassung des Heilpraktikergesetzes vom 17. Februar 1939 nahm der Nürnberger Heilpraktiker Willi Schmidt seine im Jahre 1938 begonnene kollegiale Fachfortbildung wieder auf, darunter von 1951 an auch in Chiropraktik. Im Jahre 1959 übernahm Schmidt die Leitung der Arbeitsgemeinschaft für Chiropraktik und Osteopathie in der DH mit Arbeitskreisen in allen Landesverbänden, einem jährlichen zentralen Fachfortbildungskongress in Bad Homburg und der Herausgabe von insgesamt 92 Ausgaben der Fortbildungsblätter der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chiropraktoren und Osteopathen in der DH, die von 1959 bis 1971 erschienen. Auf dem Heilpraktiker-Kongress am 21./22. September 1957 in Bad Kissingen hielt Schmidt ein Referat mit dem Titel Osteopathie in ganzheitlicher Schau, das auch im Druck erschienen ist.

In Deutschland begannen Ärzte in den 1950er Jahren, stark geprägt durch den Austausch mit US-amerikanischen Chirotherapeuten, die „manuelle Medizin/Therapie“ zu nutzen. In Deutschland kann man Osteopathie derzeit nur an privaten Ausbildungsinstituten erlernen. Einzelne Privatuniversitäten bieten Studiengänge mit den Abschlüssen Bachelor (B. sc.) und Master (M.sc.) an. 1994 wurde der erste Berufsverband der Osteopathen in Deutschland gegründet, der Verband der Osteopathen Deutschland (VOD) e. V. Um einen einheitlichen Ausbildungsstandard bemühen sich nach eigenen Angaben verschiedene osteopathische Berufsverbände in der sogenannten Konsensgruppe Osteopathie.

Im Jahre 2011 wurde erstmals in Deutschland eine Professur im Fachgebiet der Osteopathie an Dietmar Daichendt, den Präsidenten der DGCO, verliehen sowie 2015 von der Steinbeis-Hochschule Berlin erstmals eine Universitäts-Professur für „Osteopathische Medizin“ eingerichtet und ebenfalls Dietmar Daichendt ernannt.

Vereinigte Staaten von Amerika

Osteopathie (englisch osteopathic medicine) bezeichnet in den USA eine Form der Arztausbildung an Colleges mit dem Abschluss Doctor of Osteopathic Medicine (D. O.). Diese Colleges sind teilweise an Universitäten angeschlossen. Diese Ausbildung orientiert sich an der naturwissenschaftlichen Medizin und beinhaltet beispielsweise Kurse über Pharmazie und Chirurgie. Während des Studiums ist das unter diesem Namen auch in Europa bekanntgewordene manuelle alternativmedizinische Diagnose- und Behandlungskonzept nur einer der vielen Fachbereiche während der primär medizinischen Ausbildung. Die Bezeichnung dieses Fachbereichs lautet dort Osteopathic Manipulative Treatment for Physicians (OMT).

Im Alltag der klinischen Praxis in den USA sind Ärzte mit dem Titel D. O. gleichgestellt mit den Kollegen, die den Titel M. D. (lat. Medicinae Doctor, Lehrer der Medizin) erworben haben.

Die Ausbildung kann bei entsprechenden Ausbildungsnachweisen durch Regierungspräsidien in Deutschland als Arztausbildung anerkannt werden. Dabei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die insbesondere davon abhängt, ob die Dauer der Ausbildung und die wesentlichen Ausbildungsinhalte dem deutschen Medizinstudium entsprechen. Der D. O. kann bei einer positiven Entscheidung eine Berufserlaubnis als Arzt nach § 10 der Bundesärzteordnung erhalten. Alternativ dazu kann er als Heilpraktiker arbeiten. Historisch ist interessant, dass viele US-Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg wegen Überfüllung der Universitäten keinen Studienplatz in Medizin bekamen und deshalb auf die Facharztstudiengänge der Osteopathy Colleges auswichen.

Nichtärztliche Osteopathen werden in den USA als non-physician osteopaths bezeichnet. Vertreter der europäischen, alternativmedizinischen Osteopathen bezeichnet man in den USA auch als European osteopathic manipulators.

Quelle: Seite „Osteopathie (Alternativmedizin)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. August 2020, 11:06 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Osteopathie_(Alternativmedizin)&oldid=203236930 (Abgerufen: 16. September 2020, 12:37 UTC)

Arztpraxis

Unsere internistische Privatarztpraxis befindet sich im Stadtteil Wiesbaden-Biebrich in der Nähe des Biebricher Schlossparks. Wir behandeln und therapieren unsere Patienten ganzheitlich – wir bieten eine schulmedizinische Versorgung an, welche durch Leistungen aus der Komplemetärmedizin ergänzt wird.  In Wiesbaden und Umgebung bieten wir neben der Behandlung an unserem Standort in Wiesbaden-Biebrich auch eine hausärztliche Versorgung an. 

Wir bemühen uns stet eine vertrauensvolles und freundliche Atmosphäre zu schaffen. Unser Ziel ist es, dass sich unsere Patienten während des Aufenthalts in unserer Praxis wohlfühlen. Wir nehmen uns Zeit – für Ihre Gesundheit! 

In unserer übersichtlichen und persönlichen Arztpraxis werden unsere Patienten sowohl nach den Standards der Schulmedizin, als auch nach den Methoden der (Traditionellen) Chinesischen Medizin (TCM) behandelt. Dafür erstellen wir auf die Beschwerden individuell abgestimmte Behandlungskonzepte, in denen die leitliniengestützte Schulmedizin mit anerkannten Naturheilverfahren erweitert wird. Neben Akupunktur, Heilkräuter-/Arzneimitteltherapie (homöopathische Behandlungen), Schröpfen und weiteren Therapien aus der Chinesischen Medizin, bieten wir ein breites Spektrum an Leistungen aus der Inneren Medizin und Allgemeinmedizin an. Ergänzt wird unser Angebot durch Anwendungen aus der Osteopathie und der Manuellen Medizin.

Wir freuen uns, wenn Sie sich bei uns in Wiesbaden-Biebrich beraten lassen. Vereinbaren Sie ein unverbindliches Erstgespräch in unserer Arztpraxis in Wiesbaden!